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Kulturelle Evolution: Einführung und Übersicht

Kulturelle Evolution

Vorbemerkung
1. Begriffliches
1.1 Gesellschaft und Kultur
1.2 Superstruktur, Struktur und Infrastruktur
1.2.1 Infrastruktur
1.2.2 Struktur
1.2.3 Superstruktur
1.2.4 Einige Überlegungen zum Umweltbezug
1.2.5 Ein Hinweis auf Rudolf Steiner
2. Aspekte einer Gesellschaftstheorie
2.1 Individuum und Gesellschaftw
2.2 Ein Blick auf die Strukturationstheorie von Giddens22
Siehe Anthony Giddens 1984, deutsche Übersetzung Giddens 1988.
2.3 Kulturelle und gesellschaftliche Regeln
2.4 Soziale Integration und System-Integration, Gemeinschaft und Gesellschaft
2.5 Unbeabsichtigte Handlungsfolgen und autonome Prozesse
Eine menschliche Handlung ist i.a. (mehr oder weniger bewusst) mit einer Absicht verbunden, auf ein Ziel gerichtet. Z.B. setze ich mich in Trab, weil es schon spät ist und ich noch rechtzeitig auf dem Bahnhof den nächsten Zug erwischen sollte. Vielfach haben Handlungen aber auch unbeabsichtigte Resultate zur Folge. Es kann sein, dass zwar das Beabsichtigte erreicht wird, dass dies aber mit zusätzlichen Nebenfolgen verbunden ist. Z.B. habe ich beim Rennen auf den Bahnhof nicht beachtet, dass es auf der Strasse Glatteis hat: Ich rutsche aus, falle hin, rapple mich wieder auf und erreiche den Zug noch rechtzeitig, stelle dann aber fest, dass ich durch den Sturz einige Prellungen davon getragen habe. Es könnte aber auch sein, dass ich mein Ziel gänzlich verfehle: Der Sturz könnte gravierend sein, so dass ich mich statt auf dem Bahnhof im Krankenhaus wiederfinde. Unbeabsichtigte Handlungsfolgen sind also in kleinerem oder grösseren Masse etwas Alltägliches, sie gehören zum menschlichen Leben. Diese Tatsache hat auch keine weiterreichenden Konsequenzen, solange die unbeabsichtigten Folgen einer einzelnen Handlung jeweils nur ein Individuum betreffen, und dieses damit direkt konfrontiert ist und somit daraus lernen kann.
Abbildung 5: Elementares Handlungsmodell  (nach Giddens 1988, vereinfacht).  / Die gestrichelte Linie mit Pfeil soll andeuten, dass eine nicht beabsichtigte Folge sich auf die Ausgangbedingungen auswirken kann
Abbildung 5: Elementares Handlungsmodell (nach Giddens 1988, vereinfacht).
Die gestrichelte Linie mit Pfeil soll andeuten, dass eine nicht beabsichtigte Folge sich auf die Ausgangbedingungen auswirken kann
Abbildung 5 stellt schematisch ein ganz einfaches Handlungsmodell dar. Dabei ist gezeigt, was wir eben besprochen haben, nämlich, dass eine Handlung eben unbeabsichtigte Folgen haben kann. Zusätzlich ist aber auch festgehalten, dass eine Handlung immer von angenommenen Bedingungen ausgeht, bzw. dass, wenn die real herrschenden Bedingungen nicht richtig erkannt worden sind, dies mitverantwortlich für das nachherige Auftreten unbeabsichtigter Folgen sein kann. Für das obige Beispiel mit dem Laufen auf den Bahnhof bedeutet dies: Die von mir offenbar angenommene Ausgangsbedingung für meine Handlung war eine trockene Strasse. Da ich nicht realisierte, dass die Strasse gefroren war, kam es dann zum Sturz. In Abbildung 5 ist weiter gezeigt, dass eine unbeabsichtigte Folge eine Rückwirkung auf die Ausgangsbedingungen einer nächsten Handlung haben kann. Und es ist möglich, dass daraus ein sich selbstverstärkender Kreislauf wird: Ich verfolge ein Ziel, gehe aber von falschen Vorstellungen bezüglich der Handlungsbedingungen aus, verfehle dadurch das Ziel, was sich anschliessend für die Ausgangsbedingungen als weitere Abweichung auswirkt. Wenn ich nun die gleiche Handlung wiederhole und immer noch von der ursprünglichen Vorstellung bezüglich der Bedingungen ausgehe, werde ich das Ziel noch stärker verfehlen, was einen wiederum verstärkten Einfluss auf die Bedingungen hat usw. Für eine Gesellschaftw kann dies problematisch werden, wenn ein solcher Teufelskreis nicht nur die Handlungen eines einzelnen Individuums betrifft, sondern sich aus der Aggregation oder aus der Verknüpfung von vielen Einzelhandlungen gibt. Es kann sich dann das entwickeln, was Christian Meier einen "autonomen Prozess" nennt.31
Christian Meier 1978.
Dies ist ein Prozess, der über eine Eigendynamik verfügt, die kaum mehr zu bremsen ist: Es kann sein, dass der Versuch, den unerwünschten Folgen des Prozesses entgegenzuwirken, ihn nur noch verstärkt. Es ist klar, dass wir in einer systemisch integrierten Gesellschaftw mit anonymen Verbindungen gegenüber einer überschaubaren Gemeinschaft eine viel grössere Chance haben, dass sich solche Prozesse entwickeln. Wir haben hier einen Aspekt unserer modernen westlichen Gesellschaftw, der zu den wesentlichen Ursachen von Umweltzerstörung gehört. Es darf vermutet werden, dass die meisten Umweltprobleme aus unbeabsichtigten Handlungsfolgen entstanden sind.
Meier nimmt als Beispiel für einen autonomen Prozess die Motorisierung der westlichen Gesellschaftw und beschreibt den Vorgang so:
Ausgangskonstellation ist ein in der westlichen Welt wie auch immer erreichter hoher Grad wissenschaftlicher Erkenntnis und technischer Fertigkeit samt bestimmten Produktions- und Einkommensverhältnissen. Im Rahmen dieser Konstellation muss das - teils vorauszusetzende, teils zu weckende - Bedürfnis unzähliger Menschen, sich bequem, rasch und ganz nach eigenem Willen fortzubewegen, sich notwendig so auswirken, dass zahlreiche Motorfahrzeuge gekauft und gefahren werden. Eben die Akte, in denen das geschieht, steigern dieses Bedürfnis weiter (etwa auf Grund des damit neu gesetzten Lebensstandards sowie der wachsenden Erfahrung der sich erschliessenden Möglichkeiten). Nachdem der Prozess einmal in Gang gekommen ist, ruft er also die Antriebe, aus denen er läuft, zum Teil selbst hervor. Das vollzieht sich zugleich auf Umwegen. Denn wegen der Folgen der Motorisierung und weil jene Ausgangskonstellation zugleich das Bedürfnis nach einem 'Eigenheim' für sehr viele erfüllbar macht, verändern sich die Siedlungsgewohnheiten. Dies wiederum steigert das Bedürfnis nach eigenen Fahrzeugen (zumal wenn der öffentliche Nahverkehr nicht genügend funktioniert etc.). Die Veränderung, die daraus resultiert, wird von den Beteiligten nicht unbedingt gewollt, ja weithin geradezu abgelehnt. Wir wollen ja etwa, indem wir ein Auto kaufen und fahren, uns nur rasch, bequem und direkt zum Ziel bewegen. Dass unzählige andere uns mit ihren Autos dabei den Weg verstellen, die Strasse verstopfen, die Parkplätze im weiteren Umkreis besetzen, die Aussicht verschandeln, dass Einbahnstrassensysteme uns zu weiten Umwegen zwingen, unzählige Ampeln uns in unserer Fahrt behindern, ist uns lästig. All dies bewirken wir aber, unmittelbar oder mittelbar.32
Meier 1978: 28-29.
2.6 Sinnsysteme und konstruierte Wirklichkeiten
3. Einige theoretische Vorstellungen über die kulturelle Evolution
3.1 Kontrollierter Atomismus: Hobbes und Rousseau
3.2 Der Primat der Infrastruktur: Marx und Harris
3.3 Der unausweichliche Fortschritt: Von Comte und Spencer zur Modernisierungstheorie
3.4 Die ungeplante aber trotzdem gerichtete Entwicklung: Elias
3.5 Systeme ohne Personen: Rappaport und Luhmann
3.6 Der Kreislauf von Aufstieg, Blüte und Zerfall: Toynbee
4. Stufen der gesellschaftlichen Entwicklung
4.1 Zur Entwicklung gesellschaftlicher Strukturen65
Im Sinne von Gesellschafte.
4.1.1 Archaische Gesellschaften
4.1.2 Politische Gesellschaften
4.1.3 Ökonomische Gesellschaft
4.2 Zur Entwicklung des Geschlechterverhältnisses
4.3 Zur Entwicklung kultureller Strukturen
5. Demographische und energetische Aspekte der kulturellen Evolution
5.1 Zur Bevölkerungsentwicklung
5.2 Zur Entwicklung des menschlichen Energieverbrauchs
Zitierte Literatur