Abbildung 5 stellt schematisch ein ganz einfaches Handlungsmodell dar. Dabei ist gezeigt, was wir eben besprochen haben, nämlich, dass eine Handlung eben unbeabsichtigte Folgen haben kann. Zusätzlich ist aber auch festgehalten, dass eine Handlung immer von angenommenen Bedingungen ausgeht, bzw. dass, wenn die real herrschenden Bedingungen nicht richtig erkannt worden sind, dies mitverantwortlich für das nachherige Auftreten unbeabsichtigter Folgen sein kann. Für das obige Beispiel mit dem Laufen auf den Bahnhof bedeutet dies: Die von mir offenbar angenommene Ausgangsbedingung für meine Handlung war eine trockene Strasse. Da ich nicht realisierte, dass die Strasse gefroren war, kam es dann zum Sturz. In Abbildung 5 ist weiter gezeigt, dass eine unbeabsichtigte Folge eine Rückwirkung auf die Ausgangsbedingungen einer nächsten Handlung haben kann. Und es ist möglich, dass daraus ein sich selbstverstärkender Kreislauf wird: Ich verfolge ein Ziel, gehe aber von falschen Vorstellungen bezüglich der Handlungsbedingungen aus, verfehle dadurch das Ziel, was sich anschliessend für die Ausgangsbedingungen als weitere Abweichung auswirkt. Wenn ich nun die gleiche Handlung wiederhole und immer noch von der ursprünglichen Vorstellung bezüglich der Bedingungen ausgehe, werde ich das Ziel noch stärker verfehlen, was einen wiederum verstärkten Einfluss auf die Bedingungen hat usw. Für eine Gesellschaft
w kann dies problematisch werden, wenn ein solcher Teufelskreis nicht nur die Handlungen eines einzelnen Individuums betrifft, sondern sich aus der Aggregation oder aus der Verknüpfung von vielen Einzelhandlungen gibt. Es kann sich dann das entwickeln, was Christian Meier einen "autonomen Prozess"
nennt.31Christian Meier 1978.
Dies ist ein Prozess, der über eine Eigendynamik verfügt, die kaum mehr zu bremsen ist: Es kann sein, dass der Versuch, den unerwünschten Folgen des Prozesses entgegenzuwirken, ihn nur noch verstärkt. Es ist klar, dass wir in einer systemisch integrierten Gesellschaft
w mit anonymen Verbindungen gegenüber einer überschaubaren Gemeinschaft eine viel grössere Chance haben, dass sich solche Prozesse entwickeln. Wir haben hier einen Aspekt unserer modernen westlichen Gesellschaft
w, der zu den wesentlichen Ursachen von Umweltzerstörung gehört. Es darf vermutet werden, dass die meisten Umweltprobleme aus unbeabsichtigten Handlungsfolgen entstanden sind.
Meier nimmt als Beispiel für einen autonomen Prozess die Motorisierung der westlichen Gesellschaftw und beschreibt den Vorgang so: