Der Wechsel vom Wald zur Savanne war mit einer Veränderung der Diät verknüpft, und man glaubt, dass dies eine Verkleinerung des menschlichen Gebisses
ermöglichte.68Vgl. Pilbeam 1972: 49 ff.
Ebenso gab es einen Wandel in den Zahnformen: Während die Menschenaffen zugespitzte Backenzähne haben, was auf einen Verzehr von relativ weicher Nahrung, von Früchten und Grünzeug, schliessen lässt, waren die Backenzähne der Australopithecinen gross und flach, geeignet zum ausführlichen Mahlen von harter Nahrung wie Nüssen und hartschaligen Früchten; dies deutet auch darauf, dass nun ein trockeneres Klima
vorherrschte.69Vgl. Leakey 1994: 24.
Die späteren Savannenbewohner der Gattung Homo hingegen gingen offenbar zu einer teilweisen Fleischdiät über. Es wird vermutet, dass sie zuerst Aas nutzten und dann aber ihre eigenen Jagdmethoden entwickelten, bei denen die nun freien Hände eine nützlich Rolle spielen konnten. Dazu passt auch das mit Homo habilis festgestellte erstmalige Vorkommen von einfachen Steinwerkzeugen: Bei der Absenz von Zähnen, die eine Beute noch direkt zerteilen können, ist eine Werkzeugbearbeitung geradezu eine Voraussetzung. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde die Nahrung dann auch gekocht, womit sich die Anforderungen an die Kauleistung der Backenzähne verringerte - in der Folge wurden sie
kleiner.70Nach Leakey 1994: 41.
Heute ist es übrigens möglich, mittels der elektronenmikroskopischen Untersuchung von Zähnen anhand der winzigen Kratzer, die auf dem Zahnschmelz auftreten, genauere Angaben über die Ernährungsgewohnheiten des fraglichen Individuums zu
machen.71Siehe Leakey 1981: 74-75.
Es gibt unterschiedliche Muster für Herbivoren, Früchteesser, knochenbrechende und nicht-knochenbrechende Karnivoren sowie auf dem Boden lebende Omnivoren. Es ist denkbar, dass damit die bisherigen Auffassungen über die Entwicklung der menschlichen Diät revidiert werden müssen.
Auch die früher als Werkzeuge verwendeten Eck- und Schneidezähne wurden im Laufe der Entwicklung kleiner, da nun die Fähigkeiten der Hände zum manipulativen Werkzeuggebrauch diese Funktionen viel effizienter ausüben konnten. Mit dem Kleinerwerden des gesamten Kauapparates zog sich die Schnauze zurück und es bildete sich ein Kinn, während das gleichzeitige Grösserwerden des Gehirnschädels (vgl. 4) zur Ausbildung einer Stirn führte. Damit wurde das Gesicht im gesamten nun flach und in die Vertikale verkürzt. Eine andere Erscheinung, die als Anpassung an das Savannenleben erklärt wird, ist die Nacktheit, d.h. die relative Behaarungsarmut des Menschen. Stattdessen verfügt die Haut, im Gegensatz zu den übrigen Primaten, über viele Schweissdrüsen. Es macht den Anschein, dass damit das im offenen Gelände grösser werdende Problem der Temperaturregelung eine effiziente Lösung erfahren
hat.72Vgl. Pilbeam 1972: 82 ff.