Die erste Möglichkeit wird seit dem letzten Jahrhundert als "Panspermie-Theorie" vertreten und ist in neuerer Zeit vom englischen Astronomen Fred Hoyle wieder aufgegriffen worden, der der Meinung ist, einzellige Mikroorganismen seien aus dem Weltall zu uns
gelangt.114Siehe Fred Hoyle 1984, v.a. Kap. 3-6, siehe auch Rahmann 1980: 22.
"Das Leben ist ... ein kosmologisches Phänomen, ist vielleicht der Grundgedanke des Universums überhaupt,"
115Hoyle 1984: 161.
sagt er. Das wiederum gibt dem Wissenschaftler und Science Fiction-Schriftsteller Isaac Asimov Anlass zur Bemerkung: "Es ist nur recht und billig, hinzuzufügen, dass fast niemand diese Spekulation ernst
nimmt."116Isaac Asimov 1986: 134.
Hoyle beruft sich auf das Faktum, dass in Meteoriten organische Bestandteile, z.B. Aminosäuren gefunden worden sind, auch darauf, dass die Anwesenheit organischer Moleküle in der interstellaren Materie nachgewiesen worden ist. Die Bedeutung dieser Befunde ist aber umstritten; die Existenz organischer Verbindungen ist kein Beweis für Lebensvorgänge, diese können auch unter gewissen Bedingungen durch rein abiotische Prozesse entstanden sein (vgl. mit
3.2.2).117Vgl. Rahmann 1980: 22-25.
Hinsichtlich der zweiten Möglichkeit ist eine eindeutige Antwort bezüglich der Varianten a und b nicht möglich. Trotzdem darf von 2a wohl abgesehen werden, denn für das zufällige Zusammenkommen der richtigen Aminosäuren zum Aufbau der für das Leben nötigen Proteine ist die Wahrscheinlichkeit praktisch Null. Damit bleibt 2b. Hier geht es um die Vorstellung, dass ein langsamer, aber gerichteter Prozess der Selbstorganisation molekularer Systeme zur lebenden Ordnung möglich ist, die sich durch physikalische und chemische Gesetzmässigkeiten ausreichend erklären lässt. Allerdings ist ein solches Szenario weder paläontologisch noch palöochemisch überprüfbar; insbesondere ist natürlich auch der Zeitfaktor nicht reproduzierbar. Es muss stattdessen versucht werden, mit experimentellen Untersuchungen die Plausibilität einzelner Schritte zu erhärten und ihre Wahrscheinlichkeit zu
berechnen.118Vgl. Rahmann 1980: 71-72, und Heumann 1982: 129.
Im folgenden Abschnitt betrachten wir einige wichtige Aspekte der obigen Hypothese 2b.