Zusätzlich zur Einsicht in ganzheitliche Zusammenhänge sind wir auch auf die Existenz eines handlungsmotivierenden Gefühls angewiesen. Es braucht dazu ein Zusammenwirken unserer verschiedenen Bewusstseinsebenen, was, sofern wir das bewusste Ich als Träger der Person verstehen, eine darüber hinaus gehende Erweiterung interner Art bedeutet. Lebenssinn kann durch den Zugang zu uns selbst ökologisiert werden, denn der Kontakt zu unserer eigenen Natur ist der direkteste Kontakt zur Natur, den wir haben können. Was gemeint ist, wird durch den psychologischen Begriff der "Selbstrealisierung" gut
beschrieben.164Siehe z.B. Abraham Maslow 1985.
Wirklich ökologisch wird aber, wie Arne Naess betont, ein Selbst erst, wenn es gleichzeitig auch Beziehungen zu äusseren Naturdingen internalisiert, d.h. diese gewissermassen zu einem Teil von sich selbst werden
lässt.165Vgl. Arne Naess 1993: 171 ff.
Ergänzend müsste schliesslich gefordert werden, dass etwas Ähnliches auch für die Beziehung zu andern Menschen gilt, mit denen wir in Kooperation treten möchten, denn Missstände im Bereich der sozialen Ökologie sind oft verknüpft mit Missständen auf der Seite der Umweltbeziehungen.
Michael Polanyi hat uns gezeigt, dass wir an sich von Natur aus über eine Fähigkeit verfügen, die genau hier gefragt ist, nämlich eine Fähigkeit des "stillschweigenden" oder "impliziten" Wissenserwerbs. Es handelt sich um einen Vorgang, der nicht formulierbar ist, der uns aber hilft, wahrgenommene Einzelheiten zu einem gestalthaften Ganzen mit Sinn und Bedeutung verschmelzen zu lassen. "... alles Wissen ist entweder stillschweigendes Wissen oder aber wurzelt in stillschweigendem Wissen. Ein Wissen, das völlig explizit ist, ist nicht denkbar," sagt
Polanyi,166Michael Polanyi 1974: 144.
und spricht damit die Teilhaftigkeit wissenschaftlichen (expliziten) Wissens an. Entscheidend aber ist dies: Dieser Wissensprozess "bringt uns dazu, an dem, was wir verstehen, mit Gefühl teilzunehmen. ... Diese Gefühle des Verstehens gehen tief; wir können sehen, wie sie an Tiefe gewinnen und uns von von einer 'Ich-Es'-Beziehung zu einer 'Ich-Du'-Beziehung
bringen."167Polanyi 1974: 148-149.
Eine partizipative, nicht eine manipulative Haltung bringt uns dem Wesen der Dinge näher und verwandelt die Umwelt in eine Mitwelt.