Im Vergleich zu den schon genannten Disziplinen ist die Menge verschiedener (human-) ökologischer Ansätze in der Psychologie vielleicht am grössten und damit auch am verwirrendsten. Jenachdem ist von ökologischer Psychologie, von Umweltpsychologie oder von psychologischer Ökologie die
Rede.99Eine Übersicht über verschiedene Ansätze bieten William H. Ittelson u.a. 1977.
Auch ist die Geschichte einer ökologischen Orientierung kürzer. Gerald L. Young schreibt den Arbeiten von Roger Barker in den 50er Jahren, die er dann später in seinem Buch “Ecological Psychology”
zusammenfasste,100Roger Barker 1968.
einen Pioniercharakter zu. Das entscheidend Neue dabei war, dass menschliches Verhalten nicht mehr unter kontrollierten Labor-, sondern unter unkontrollierbaren Feldbedingungen untersucht
wurde.101Siehe Young 1974: 23.
Allerdings kann man die Wurzeln dieser Innovation weiter zurück im Werk von Kurt Lewin erkennen, dessen Student Barker gewesen war. Lewin entwickelte Vorstellungen - er nannte sie “Feldtheorie” - über einen psychologisch relevanten Lebensraum, innerhalb von dem ein Zusammenwirken von inneren und äusseren Faktoren das menschliche Verhalten bestimmen
würde.102Siehe Kurt Lewin 1936. Eine Zusammenfassung von Lewins Feldtheorie findet sich in Ittelson u.a. 1977: 96-98.
Er operierte mit der Formel V = f (PU), d.h. er betrachtete das Verhalten (V) als Funktion der Interaktion zwischen Persönlichkeit und anderen individuellen Faktoren (P) und der vom Individuum wahrgenommenen Umwelt (U). Dies stand im Gegensatz zu anderen Ansätzen, die einseitig entweder Bedürfnisse oder Reizobjekte als primär für das Verhalten verantwortlich machten. Während Lewins Sprache ziemlich physikalistisch tönte, aber doch auf die Erfassung von Valenzen rein psychologischer Art abzielten, wandte Barker seine Aufmerksamkeit der objektiv gegebenen materiellen Umwelt und ihrer Rolle als ein “Verhaltensumfeld” (“behavior setting”) zu, wobei er aber auch berücksichtigte, dass dieses Umfeld sozio-kulturellen Definitionen unterliegt, die sich in sozialen Verhaltensregeln äussern. Ein solches Verhaltensumfeld ist z.B. eine Kirche, ein Klassenzimmer, ein
Spielfeld.103Siehe Ittelson u.a. 1977: 98-100 für eine zusammenfassende Beschreibung des Barkerschen Konzeptes.
Eine etwas neuere Entwicklung ist die ökologische Psychologie im Sinne von James J.
Gibson.104Siehe James J. Gibson 1979 und auch den zusammenfassenden Artikel von Claudia Carello 1993.
Er operiert mit einem Konzept von ökologischer Realität, die aus den Beziehungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt besteht, und zwar sind die beiden Seiten als zwei Aspekte des gleichen nicht-reduzierbaren Systems zu betrachten. Es ist deshalb folgerichtig, dass eine Analyseeinheit stets aus Lebewesen plus Umwelt besteht und die wechselseitigen Beziehungen in relationalen Termen gefasst werden. Dabei sind drei Punkte erwähnenswert: