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Das menschliche Gehirn

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Das menschliche Gehirn

1989
1. Einleitung
2. Entwicklung von Kommunikationssystemen in der biologischen Evolution
Bei der Betrachtung der biologischen Evolution verfolgen wir die Entstehung von Lebewesen als selbstorganisierenden Systemen, die sich immer mehr von der Umgebung abgrenzen und distanzieren, also emanzipieren, dabei aber auch ihre Umwelt laufend vergrössern, d.h. von einem zunächst minimalen und streng selektiven zu einem immer vielfältigeren Umgang mit der Aussenwelt fortschreiten. Ein erfolgreicher derartiger Umgang setzt Kommunikation voraus. Wenn wir von der metabolischen Kommunikation, die für die Ontogenese und das physiologische Überleben von Organismen eine ausschlaggebende Rolle spielt, absehen, können wir zwei grundlegende Arten der biologischen Kommunikation unterscheiden:1
Vgl. mit Jantsch 1984.
1
Genetische Kommunikation:
Die Vererbung von Anlagen ermöglicht einem Lebewesen, von der gesammelten stammesgeschichtlichen Erfahrung seiner Art, die sich durch Auslese im Erbmaterial niedergeschlagen hat, zu profitieren. Die genetische Kommunikation wirkt also über sehr lange Zeiträume, ist aber damit auch entsprechend langsam.
2
Neurale Kommunikation:
Sie wird durch ein Nervensystem vermittelt, das elektrische oder elektrochemische Signale überträgt und so augenblicklich wirkt (bzw. innerhalb von Hundertstel- bis Zehntelsekunden). Diese Art der extragenetischen Kommunikation ist einerseits für die interne Organisation eines Lebewesens von Belang, andererseits für die optisch-akustische Kommunikation zwischen Lebewesen.
Während vor der Entwicklung von Gehirnen das Verhalten eines Lebewesens gegenüber der Umwelt eindeutig und ausschliesslich phylogenetisch geprägt ist (was auch heisst, dass die Informationsübertragung immer nur in einer Richtung wirkt, nämlich in der künftiger Generationen), entsteht nachher die Möglichkeit des individuellen und interindividuellen (und generationsmässig nicht gerichteten) Lernens während der Ontogenese. Allerdings ist zunächst die im neuralen Gedächtnis abgespeicherte Information zu einem guten Teil genetisch vorprogrammiert (Instinkte). Eine Kapazität zu flexiblem Lernen entsteht in grösserem Umfang erst bei der Entwicklung eines Grosshirns; beim Menschen nimmt diese dann extreme Ausmasse an. Sagan meint dazu: "While our behavior ist still significantly controlled by our genetic inheritance, we have, through our brains, a much richer opportunity to blaze new behavioral and cultural pathways on short time scales. We have made a kind of bargain with nature: our children will be difficult to raise, but their capacity for new learning will greatly enhance the chances of survival of the human species." 2
Sagan 1977.
Eine optimistische Sicht, die sich angesichts der heutigen Umweltproblematik hoffentlich bewahrheitet.
Neurale Systeme haben ihren Ursprung in der Entstehung von mehrzelligen Lebewesen vor ca. 1,5 Mia. Jahren, die zur Ausbildung eines vegetativen Nervensystems führt. Die Notwendigkeit zu dieser Entwicklung ergab sich aus der Tatsache, dass nun immer mehr Zellen in das Innere des Organismus rückten und sich infolgedessen nicht mehr wie der Einzeller direkt aus einer sie umgebenden Flüssigkeit ernähren konnten. Es kam zur Bildung eines "inneren Weltmeeres", d.h. einer extrazellulären Flüssigkeit im Innern des Organismus, die nun die Funktion von Versorgung und Entsorgung übernahm. Es wurde gewissermassen die notwendige Umwelt in das System eingebaut. Da nun diese Flüssigkeit aber ein beschränktes Volumen hatte, musste sie, damit sie ihrer Funktion nachkommen konnte, immer wieder erneuert und gereinigt werden. Dies geschah mit Hilfe von zuerst hormonal, dann neural gesteuerten Regelmechanismen.
Genetische und neurale Systeme können als zwei qualitativ verschiedene emergente Stufen der biologischen Evolution betrachtet werden (vgl. mit Fig.2 in "Wandel des Weltbildes"). Neben diesem qualitativen Schritt gibt es aber auch eine quantitative Entwicklung, indem der Umfang dieser Systeme bzw. der damit verbundenen Informationsspeicher zunimmt. Dies hat dann entscheidende Auswirkungen auf die Beziehungen von Lebewesen zu ihrer Umwelt: Ihre Intensität und ihre Vielfalt wachsen. Solche Speicher oder Gedächtnisse entwickeln sich in Form von Chromosomen mit Genen für genetische und in Form von Gehirnen für neurale Information. Die zeitliche Entwicklung der Informationskapazität für beide zeigt Fig.1. Zunächst haben wir eine rasche Entwicklung des Umfangs der genetischen Information; die Kurve verflacht sich dann aber bei den höheren Säugetieren inkl. dem Menschen immer stärker und scheint auf eine obere Grenze einzuschwenken. Deren Existenz wird damit begründet, dass bei einer weiteren Vergrösserung der Erbmasse die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von (meist schädlichen) Mutationen eine Grösse erreichen würde, die die weitere Entwicklung einer Art gefährden müsste (Sagan 1977). Eine Steigerung der in einem Organismus gespeicherten Information ist dann nur noch auf neuralem Wege möglich; die entsprechende Entwicklungskurve zeigt einen ähnlichen Verlauf, d.h. sie steigt zuerst steil und flacht sich dann ab. Ein Maximum scheint aber beim Menschen noch nicht erreicht zu sein.
3. Entwicklung der Vorstellungen über Bedeutung und Funktion des Gehirns
3.1 Seelenmodelle in der Antike
3.2 Atomistisch-holistische Kontroversen der Neuzeit
3.3 Das Gehirn als operational geschlossenes System?
3.4 Das Leib-Seele-Problem
4. Das Dreifachhirn
4.1 Das "neurale Chassis"
4.2 Der Reptilien-Komplex
4.3 Das Limbische System
4.4 Das Grosshirn
4.5 Bedeutung der Dreiteiligkeit des Gehirns
5. Die hemisphärische Spezialisierung
5.1 Beobachtungen an 'split brain'-Patienten
5.2 Funktion versus Erscheinung und alphabetische Schrift versus Bilderschrift
5.3 Die Polarität von Yin und Yang
5.4 Frauen, Männer und Emotionen
5.5 Spekulationen über evolutionäre Hintergründe
5.6 Bedeutung der hemisphärischen Spezialisierung
Literatur