In den vorindustriellen Gesellschaften ist der weitaus grösste Teil der Arbeitskräfte (bis zu 80%) in der Landwirtschaft tätig. Wie kann auf dieser Basis eine industrielle Revolution, deren Folge dann schlussendlich die moderne ökonomische Gesellschaft ist, überhaupt stattfinden? Solange nicht eine erhöhte Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft bisher benötigte Arbeitskräfte freisetzen kann, ist dies auch gar nicht
möglich.84Vgl. Simon Kuznets 1972, 20.
So stellt sich Mogens Boserup die Frage: “Gibt es Beispiele für einen erfolgreichen
take-off85Mit “take-off” wird üblicherweise der Vorgang bezeichnet, der ein Entwicklungsland in Richtung eines Industrielandes verändert. Er findet aber auch Anwendung bei der Charakterisierung des historischen Prozesses der Industrialisierung.
ohne eine vorhergegangene oder gleichlaufende Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion und Produktivität?” Und gibt die Antwort: “Es scheint
nicht.”86Mogens Boserup 1972, 310.
Damit ist aber nicht gesagt, dass die Landwirtschaft hinsichtlich der Industrialisierung ein “führender Sektor” ist; tatsächlich ist deren Intensivierung nicht eine ausschlaggebende, sondern z.T. eher eine
Begleiterscheinung.87Vgl. Boserup 1972, 310-312.
Es muss also andere Faktoren geben, die auf die Schaffung eines Arbeitskräfte-Reservoirs einen massgeblichen Einfluss haben.