Das Wort “Ökonomie” geht auf das griechische
oikonomía (lateinisch
oeconomia) zurück, das sich seinerseits aus
oikos (= Haus, Wohnung, Hausstand, Haushaltung, Heimat) und der Wurzel
nem- (= regeln, verwalten, organisieren) zusammensetzt. So war ein Ökonom (griechisch
oikonómos, lateinisch
oeconomus) ursprünglich ein Hausverwalter, Wirtschafter, auch ein Landwirt. Die Tradition dieses Verständnisses von Ökonomie ist wohl erstmals dokumentiert durch ein Buch mit dem Titel
oikonomikos, das Xenophon von Athen vor der Mitte des 4. Jh. v.u.Z. schrieb. Es handelt sich um ein Lehrbuch für den adligen Landbesitzer und schildert, neben einer Beschreibung der Landwirtschaft, die richtige Lebensweise, die sinnvolle Verwendung des Reichtums, die von einem Hausvater benötigten guten Eigenschaften und Fähigkeiten, die Schulung und Behandlung seiner Sklaven, die hausfraulichen Tugenden und die Ausbildung einer Ehefrau. Im wesentlichen hielt sich diese Bedeutung - die übrigens gleichermassen auch das deutsche Wort “Wirtschaft” betraf - bis ins 17. Jh. Das auf diese Zeit zurückgehende Schrifttum wird deshalb in der modernen Forschung oft als “Hausvaterliteratur”
bezeichnet.1Soz.B.in H.L. Stoltenberg 1938, zitiert in Moses I.Finley 1993, 11.
Im 18. Jh. war mit Ökonomie speziell auch Wirtschaftlichkeit, eine sparsame Lebensführung gemeint. Gleichzeitig wurde die Vorstellung des Haushaltes auch auf den Staat übertragen; es scheint, dass erstmals in Frankreich von “politischer Ökonomie”
(économie politique) geredet wurde und in der zweiten Hälfte des 18. Jh. erlangte schliesslich der Begriff “Nationalökonomie” (in Abgrenzung eben gegenüber der Ökonomie der privaten Haushalte) seine uns heute vertraute Bedeutung als Volkswirtschaftslehre. Diese Entwicklung war auch Anlass für die Entstehung der Ökonomie in der ersten Hälfte des 19. Jh. als einer wissenschaftlichen Analyse der wirtschaftlichen Vorgänge, die sich fortan bemühte, auf einem abstrahierenden Niveau Phänomene wie Arbeit, Produktion, Kapital, Investition, Einkommen, Kreislauf, Nachfrage, Unternehmer, Nutzen usw. und deren Beziehungen untereinander zu untersuchen. Dies stand in völligem Kontrast zu der genannten älteren “Hausvaterliteratur”, in der eigentlich mehr von sozialen Beziehungen und Ethik als von Wirtschaft in unserem heutigen Sinne die Rede
war.2Nach Wolfgang Pfeifer 1997, 947, und Finley 1993, 9 ff.
Folgerichtig zählen heute zur Wirtschaft i.e.S. nur diejenigen Phänomene, die monetär bewertet werden und damit statistisch erfassbar sind. Unbezahlte Tätigkeiten wie Hausarbeit, Nachbarschaftshilfe usw. werden ausgeklammert oder aber allenfalls als “informelle Wirtschaft” bezeichnet. Auch der franzöische Historiker Fernand Braudel stellt das “Wirtschaftsleben mit seinem Tauschverkehr, seinem Geldwesen, seinen Knotenpunkten und überlegenen Hilfsmitteln - Handelsplätzen, Börsen, Messen”, die “Wirtschaft im üblichen Sinn”, “dem hartnäckig im Zeichen der Selbstversorgung, der Nicht-Wirtschaft stehenden materiellen Leben”
gegenüber!3Fernand Braudel 1987, 11 und 18 (Hervorhebung D.S.)
Die heutige Auffassung von Ökonomie steht also dem antiken Verständnis diametral entgegen.