www.humanecology.ch · Skripten 1998/99 · Ökonomisches

7.2 Ökologische Ökonomie

Wie wir gesehen haben, versucht die Umweltökonomie die Umweltprobleme dadurch zu lösen, dass sie externe Effekte einer monetären Bewertung zuführt und damit ihren Einschluss in die ökonomische Rechnung ermöglicht. Das heisst aber, dass der Bereich, in dem das rein ökonomische Denken zuständig sein soll, auf die Umwelt ausgedehnt und diese damit im Prinzip zu einem Subsystem des Wirtschaftssystems wird. Demgegenüber ist es das Anliegen der ökologischen Ökonomie, das Wirtschaftssystem umgekehrt als Teil der umfassenderen Ökologie der Erde zu sehen und mit dieser Betrachtungsweise weitergehende und grundlegendere Fragestellungen angehen zu können, eine Art des Vorgehens, die speziell für die Nachhaltigkeitsdiskussion unabdingbar ist. Systemtheoretisch gesprochen sieht die ökologische Ökonomie das Wirtschaftssystem als ein offenes System, was bedeutet, dass es mit seiner Umwelt in einem Materie- und Energieaustausch steht. Es verhält sich also ähnlich wie ein Organismus, der mit seinem Metabolismus der Umwelt Stoffe entzieht und sie mit Abfallprodukten belastet. Im Gegensatz dazu fasst die Standardökonomie das Wirtschaftssystem als ein isoliertes System auf, das in keiner Beziehung zur Umwelt steht. “Es wäre etwa so, als ob ein Biologe davon ausginge, dass ein Tier zwar über einen Blutkreislauf, nicht aber über einen Verdauungstrakt verfüge.”293 Zwar konnten, solange das Niveau der Wirtschaftstätigkeit im Vergleich zum gesamten Ökosystem tief war, solange mit anderen Worten die Menschen in einer “leeren Welt” lebten, diese Wechselbeziehungen vernachlässigt werden. Heute aber ist dies nicht mehr möglich, denn wir leben in einer “vollen Welt”. In Abb.25 kommt dieser Unterschied dadurch zum Ausdruck, dass sich bei der “leeren Welt” die Menschen keine Gedanken über die Rezyklierung von Stoffen machen müssen - diese Dienstleistung wird gratis von der Natur übernommen -, während sie bei der “vollen Welt” explizit danach trachten müssen, Abfallstoffe nach Möglichkeit nicht der Umwelt zu überantworten, sondern mittels technischer Massnahmen wieder in Inputs für die weitere Produktion zu transformieren.
Abbildung 25: Die Wirtschaft als offenes Subsystem des irdischen Ökosystems. Links “leere Welt”, rechts “volle Welt”. S = Solarenergie, W = Wärme, M = Materie, E = Energie (nach Daly 1994, 148)
Abbildung 25: Die Wirtschaft als offenes Subsystem des irdischen Ökosystems. Links “leere Welt”, rechts “volle Welt”. S = Solarenergie, W = Wärme, M = Materie, E = Energie (nach Daly 1994, 148)
Innerhalb dessen, was “ökologische Ökonomie” genannt wird, gibt es verschiedene, Ansätze. Dabei geht es aber immer um irgendwelche Varianten der Betrachtung der physisch-biotischen Grundlagen des wirtschaftlichen Tuns, die - jedenfalls zunächst - in physikalischen, nicht in monetären Einheiten gemessen werden. Dazu im folgenden zwei Beispiele.

Anmerkungen

293
Daly 1994, 149.