Die deutsche Philosophin und Frauenforscherin Heide Göttner-Abendroth, auf die ich mich hier hauptsächlich stütze, verteidigt die Verwendung des Begriffs “Matriarchat” für frauenzentrierte Gesellschaften, obschon es sich nicht um ein weibliches Gegenstück zum “Patriarchat” handelt: Mit dem letzteren Begriff wird ja eine Herrschaft der Männer über die Frauen ausgedrückt, und mit “Matriarchat” soll gerade nicht eine Herrschaft der Frauen über die Männer gemeint sein, sondern eine herrschaftsfreie Gesellschaftsform, in der allerdings die Frauen den Kern der sozialen Organisation darstellen. Göttner-Abendroth begründet ihre Vorliebe für die Bezeichnung “Matriarchat” damit, dass das Wort arché im Griechischen sowohl “Herrschaft” wie “Anfang” bedeute, wobei die letztere Bedeutung die ältere sei. “Matriarchat” wäre dann also zu lesen: “Am Anfang die Mütter”, und der Begriff soll damit andeuten, dass es sich um eine ursprüngliche Gesellschaftsform handelt. Für den Gesellschaftstyp, der uns hier interessiert, sind verschiedene andere Bezeichnungen vorgeschlagen worden, so z.B.
“matrizentrisch”54Carola Meier-Seethaler 1988, 23, nach einem Vorschlag von Erich Fromm.
,
“matristisch”55Ernest Borneman 1984, 13, und Marija Gimbutas 1991, 324.
und
“matrifokal”56Marilyn French 1985, 33.
. Zufolge Göttner-Abendroth sind dies Ersatzbegriffe, die die Sache eher verdunkeln als
erhellen.57Vgl. Göttner-Abendroth 1997a, 13.
Ich rede hier trotzdem von “matrizentrischen” Gesellschaften, weil tatsächlich der Begriff des “Matriarchats” immer wieder falsch verstanden wird.