www.humanecology.ch · Skripten 1998/99 · Kulturelle Evolution

5.2 Zur Entwicklung des menschlichen Energieverbrauchs

Tabelle 4 zeigt die Entwicklung des täglichen globalen Energieverbrauchs. Dabei ist zwischen dem somatischen und dem extrasomatischen Teil unterschieden. Für den ersteren ist ein Mittelwert von 10 Megajoule pro Kopf angenommen, der dann einfach mit der Bevölkerungszahl multipliziert wird.
Tabelle 4: Energieverbrauch der Menschheit pro Tag (nach Boyden 1987, Angaben in Megajoules bzw. Terajoules)
Jahr
Somatischer
Energieverbrauch
Extrasomatischer
Energieverbrauch
Energieverbrauch
insgesamt
 
Total (TJ)
Pro Kopf (MJ)
Total (TJ)
Pro Kopf (MJ)
Total (TJ)
Pro Kopf (MJ)
8000 v.u.Z.
80
10
100
12
180
22
1800
10'000
10
25'000
25
35'000
35
1850
13'000
10
40'000
30
53'000
40
1900
17'000
10
80'000
50
97'000
60
1950
25'000
10
225'000
90
250'000
100
1975
40'000
10
720'000
180
760'000
190
1987
50'000
10
800'000
160
850'000
170
Bei archaischen Gesellschaften, die im Stadium des Sammelns und Jagens leben, ist die einzige extrasomatische Energie, die zur Anwendung gelangt, das Feuer, das als Wärmequelle, zum Kochen und gelegentlich zum Abbrennen von Vegetation verwendet wird. Es lässt sich schätzen, dass der pro Kopf-Verbrauch an extrasomatischer Energie grössenordnungsmässig dem an somatischer Energie etwa entspricht. In vorindustriellen Gesellschaften, in denen eine traditionelle Form der Landwirtschaft betrieben wird, ist der extrasomatische Energieverbrauch noch nicht allzu verschieden von dem der archaischen Gesellschaften; er steigt vielleicht auf etwa das Doppelte. Neben dem Feuer werden jetzt Wind- und Wasserenergie ausgenutzt, aber noch nicht in grossem Umfang. Dazu kommt der somatische Energieverbrauch von Zugtieren. Im nicht-landwirtschaftlichen Bereich wird Energie zur Herstellung und handwerklichen Bearbeitung von Metallen verwendet, aber auch hier in relativ bescheidenem Umfang.
In der modernen Landwirtschaft der Industriegesellschaft gibt es dann einen Wechsel vom arbeitsintensiven zum maschinenintensiven Anbau. Menschliche und tierische somatische Energie werden zu einem grossen Teil durch fossile Energie (Treibstoffe, Dünger) ersetzt. Der grösste Teil des wachsenden Energieverbrauchs, jetzt hauptsächlich gedeckt durch Wasserkraft, thermische und Kernenergie, geht aber auf das Konto der vielfältigen industriellen Entwicklung und des wachsenden materiellen Lebensstandards der Haushalte. Abbildung 11 illustriert den jährlichen Weltverbrauch an extrasomatischer Energie seit 1800 in diagrammatischer Form. Bei dieser Figur und bei Tabelle 4 ist zu beachten, dass es sich um globale Durchschnittswerte handelt. In Tat und Wahrheit ist natürlich der Energieverbrauch regional sehr ungleich verteilt. Z.B. betrug 1972 der extrasomatische Energieverbrauch der USA pro Tag und Kopf 1000 MJ, der von Lateinamerika 87 MJ und der von China 46 MJ.74 Im Jahre 1970 konsumierten die industrialisierten Regionen der Erde mit 30% der globalen Bevölkerung 80% der verfügbaren Energie. Dabei betrug der Anteil der USA an der Bevölkerung 6% und am Energieverbrauch 35%.75
Abbildung 11: Jährlicher Weltverbrauch an extrasomatischer Energie von 1800 bis 1975 (aus Boyden 1987: 195)
Abbildung 11: Jährlicher Weltverbrauch an extrasomatischer Energie von 1800 bis 1975 (aus Boyden 1987: 195)

Anmerkungen

74
Nach Boyden 1987.
75
Nach Bargatzki 1986.