Ausserhalb der städtischen Zünfte und auch ausserhalb der Grundherrschaft (jedenfalls ab dem Hochmittelalter, in dem sich die Auffassung durchsetzte, dass die Bodenschätze dem Landesherrn gehörten) spielte sich der Bergbau ab, der von freien, in genossenschaftlich organisierten “Gewerkschaften” zusammengeschlossenen Bergarbeitern ausgeführt wurde. Gegen Ende des Mittelalters, zur Zeit der Renaissance, kam es dann aber zur Trennung von Kapital und Arbeit, indem sich im Bergbau nun Unternehmertum und Lohnarbeit
etablierten.79Siehe Boockmann 1981, 64.
Zu gleicher Zeit begann, ebenfalls ausserhalb der Zünfte, eine relativ rasche Entwicklung der Technik, und zwar wie so oft, aus vornehmlich militärischer Motivation. Mit der Einführung des Schiesspulvers begann die Herstellung von Büchsen und Kanonen, der sich die neu entstehende Berufsgruppe der Büchsenmeister annahm, die, wie Boockmann anmerkt, nach heutigem Verständnis Ingenieure, Pioniere, Artilleristen und Chemiker in einem
waren.80Vgl. Boockmann 1981, 65.
Damit ist übrigens auch eine für die Wissenschaft folgenschwere Entwicklung verbunden. Wir erinnern uns, dass in der Antike in den höheren Schichten Handarbeit als minderwertig galt (vgl. 2.2.4). Ganz im Gegensatz dazu begann nun das Handwerkliche auch das Interesse von Gebildeten zu wecken, so z.B. dasjenige von Galileo Galilei (1564-1642), der entgegen den sonst damals in akademischen Kreisen üblichen Gepflogenheiten direkten Kontakt mit Kanonieren und Handwerkern
unterhielt.81Vgl. Morris Berman 1985, 61.
Fortan sind Wissenschaft und Technik also Verbündete, es kommt zur Personalunion von
Homo sapiens und
Homo faber, paradigmatisch in der Person von Leonardo da Vinci (1452-1519). Der Konstanzer Philosoph Jürgen Mittelstrass hat dieser Thematik unter dem Titel “Leonardo-Welt” eigens ein Buch
gewidmet.82Jürgen Mittelstrass 1992.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Möglichkeit einer solchen Entwicklung war sicher auch die Tatsache, dass schon früher unter dem Einfluss der mittelalterlichen Kirche der manuellen Arbeit ein steigender Stellenwert zukam. Dazu Hans-Peter Studer: